Synopsis

SAN (Traum)

Oper in einem Akt.
Text und Musik von Jasmina Mitrušić

Eine Bushaltestelle im tristen Nirgendwo, irgendwo im Süden Serbiens. Drei Frauen: Mutter, Tochter und die Mitarbeiterin eines Flüchtlingszentrums. Die Mutter ist krank und ängstigt sich vor dem Tod in der Fremde. Sie sehnt sich nach ihrer Familie, die sie niemals wiederzusehen fürchtet. Drei männliche Flüchtlinge aus Afghanistan, zwei von ihnen noch Teenager. Auch sie warten und lassen sich erschöpft bei den schlafenden Frauen nieder. Von ihnen haben sie nichts zu befürchten. Gewalterfahrung und Flucht haben sie müde gemacht. Der Schlaf übermannt sie. Ein kollektiver Traum überfällt alle sechs. In ihm wird möglich, was die Wirklichkeit verweigert: Die Hoffnungslosen begegnen sich, erkennen ineinander vertraute Gesichter. Die Überwindung der Angst entfesselt die Heilung der geschundenen Seelen. Der wiedergewonnene Respekt vor dem Leben lässt Hoffnung aufkeimen. Ein Motorengeräusch weckt sie auf. Der Traum wirkt noch nach. Ein Wunder hat sich ereignet. Hoffnung und Kraft durchfluten die Seelen der gestern noch Verzweifelten. Die Gemeinsamkeit des Traums lässt die Wachen einander zur Menschenfamilie werden. Aufrecht und voll Zuversicht geht jede:r seiner Wege.

DIE FLUCHT NACH ÄGYPTEN

Oper in einem Akt von Valentin Ruckebier
Text von Hermann Schneider

 

Ein Flüchtlingspaar hat ein Krankenhaus erreicht. Ihr Kleinkind wurde in ein benachbartes Zimmer gebracht. Ein Arzt, sein Assistent und eine Krankenschwester befragen die Schutzsuchenden nach den Umständen ihrer Flucht. Die Kommunikation erweist sich als schwierig. Die Erlebnisse, von denen das Paar berichtet, stoßen an die Grenzen des Fass- und Erklärbaren: Der Herrscher ihres Heimatlandes habe befohlen, alle neugeborenen Kinder bis zum zweiten Lebensjahr zu töten. In jener Nacht habe ein Fremder neben ihrem Bett gestanden und sie aufgefordert, sofort nach Ägypten zu fliehen. Auf ihrer Flucht gesellten sich drei weitere Kinder zu ihnen. Ein Wunder sei geschehen. Angreifende Drachen hätten sich durch das Kind des Paares aufhalten lassen. Auch Löwen und Panther seien zu friedlichen Begleitern der Flüchtenden durch die Wüste geworden.

Die Frau ist hungrig und erschöpft. Sie träumt von einem Wunder. Der Mann berichtet von der unerträglichen Hitze auf der Flucht, die ihnen jedes Gefühl von Zeit genommen habe. Bei ihrer Ankunft an einem „Kapitol“ genannten Ort seien alle Bilder und Statuen zerstört worden. Ein Mann habe erneut versucht, ihr Kind zu entwenden, doch die Familie habe sich in das Krankenhaus retten können. Eine immense Erschütterung trifft alle.

E TU, CHE SAI TU DEL FUTURO?
(What do you know about the future?)

Oper in 14 Szenen von Luigi Cinque, Text von Sandro Cappelletto

Friedrich Schillers Ode an die Freude ist Ausgangspunkt für Sandro Cappellettos Reflexion über die Frage nach den Voraussetzungen für eine grenzenlose menschliche Solidarität jenseits aller historischer Konfliktlinien. Dennoch vollziehen sich Zukunftsprojekte in Sachen Menschlichkeit nicht in einem historisch unbeschriebenen Raum. In seinem Musiktheater sucht Cappelletto nach Anknüpfungspunkten, wie es weitergehen könnte und welche historischen Fehler und Prägungen wir überwinden müssten, um in unserer Welt Prinzipien der „Brüderlichkeit“ zu verankern.

Cappelletto knüpft dabei an eigene Erfahrungen in Verbindung mit Reisen in afrikanische Länder an. Er konfrontiert uns mit den Verheerungen der Kolonialvergangenheit, mit europäischem Rassismus und Faschismus, aber auch mit den Utopien afrikanischer Denker wie dem Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela oder Thomas Sankara, dem Präsidenten von Burkina Faso, der die Zukunft Afrikas im Aufbau einer unabhängigen, selbstbewussten und selbstständigen Identität des Kontinents sah. Jenseits von ethnischen, kulturellen und nationalen Fragen stößt Cappelletto auf ein wichtiges Instrument, dessen Anwendung eine essenzielle Voraussetzung für die Verwirklichung einer gleichberechtigten Weltgesellschaft darstellt: die vollständige Umsetzung der Gleichberechtigung von Mann und Frau.